Unsere Leidenschaft, das Klavierspielen, und der besondere Klang alter Instrumente haben uns zur Klavier- und Flügelrestaurierung gebracht. Im Jahr 2003 haben wir unsere Firma gegründet und leben seitdem unseren Traum, eine eigene Werkstatt zu betreiben. Erst später haben wir herausgefunden, dass bereits unsere Ahnen sehr mit dem Klavierbau verbunden waren. Mehr dazu können Sie hier erfahren.
Erfahrung, handwerkliches Wissen und individuelle Klangvorstellungen sind in der Machart der einstigen Klavierhersteller gesichert. Es bedarf viel Sorgfalt und Erfahrung, damit während der Restaurierung keine wichtigen Details unwiderruflich verändert werden. Die Herausforderung und unser Anspruch ist, alten Instrumenten ihre einstige Robustheit wiederzugeben, ohne dass sie ihren besonderen Klangcharakter verlieren.
In der Rubrik Piano-Blog finden Sie verschiedene Beiträge, die wir nach und nach - so wie es die Zeit erlaubt - ergänzen werden. Hier möchten wir mit Ihnen unsere Erfahrungen teilen und Ihnen Einblicke rund um den Klavierbau geben.
Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen und stehen für Rückfragen gerne zur Verfügung.
Vielen Dank für Ihr Interesse,
Jendrik & Jared Rothe
Ich höre derzeit eine Frage öfter denn je: Wie verhält es sich mit dem Werterhalt bei Flügeln?
Wir sind in erster und wenigstens zweiter Linie keine Investmentberater, aber letztlich beschäftigt es viele, wie gut ihre Ersparnisse in einem neuen oder alten Flügel angelegt sind und so versuchen wir hier diese Fragen bestmöglich zu beantworten.
Ergänzung Oktober 2021:
Zu Beginn möchte ich den ursprünglichen Beitrag vom Februar 2021 mit einer aktualisierten Einschätzung ergänzen.
Ein Blick in den dazugehörigen Wikipedia-Eintrag (Stand Feb. 2020) verrät erstmal nicht viel über die genaue Definition dieser Begriffe. Meiner Beobachtung nach passt zu den meisten Flügeln, die als generalüberholt angeboten werden, der Begriff Runderneuerung sehr gut. Die Assoziation, die mit den Worten "Erneuerung" und "Rundum" einhergehen entsprechen dem Eindruck dieser Flügel, die oft über hundert Jahre alt sind, aber wie neu aussehen. In den USA ist es zudem üblich den Resonanzboden zu erneuern, dies ist in Europa hingegen erst im Kommen. In genau dem Fall, dass neben dem Resonanzboden die Saiten und etliche Spielwerkskomponenten getauscht, also mit Neuware ersetzt werden, wird daraus ein schlüssiges Paket. Insofern dann alle maßgeblich klangprägenden Komponenten neu sind, erscheint es mir als zweitrangig wie alt der ursprüngliche Flügel ist und wie der Ausgangszustand war. Nun kommen wir zu dem Kern des Ganzen! Ist ein Steinway jetzt immer noch ein Steinway? Wenn dieser im Hause Steinway überholt wurde sicherlich. Falls dieser jedoch z.B. bei Bechstein überholt wurde und dort ein Bechstein Resonanzboden eingebaut wurde, ist es dann ein Bech-Steinway? Zwar darf vielleicht der alte Name auf dem Flügel stehen bleiben, aber die Fragen werden jetzt spannend! Ist es egal wer die Komponenten erneuert, solange die Ersatzteile in unserem Beispiel von Steinway kommen? Welche Rolle spielt dabei der Klavierbauer?
Ich bin grundsätzlich der Auffassung, dass der Handwerker, der Arbeiten am Flügel ausführt, eine ebenso klangprägende Rolle spielt, wie der Konstrukteur, der die physikalischen Rahmenbedingungen vorgibt. Insofern könnte man dem Markennamen/Konstrukteur eine prozentuale Gewichtung geben und darüber hinaus versuchen die Rolle des Handwerkers im Piano zu identifizieren.
Zumeist fällt bei generalüberholten Flügeln noch der Begriff neuwertig. Dies trifft sicherlich auf die neu eingesetzten Komponenten zu. Begegnet aber ein generalreparierter Flügel, welcher im Kern zum Teil aus über hundert Jahre altem Material besteht, einem neu produzierten Flügel auf Augenhöhe? Was den handelsüblichen Preis betrifft schon einmal nicht. Aber genau darum geht es ja eingentlich! Der Flügel ist nicht neu, einige Bestandteile schon, er sieht neu aus und kostet deutlich weniger als die Hälfte eines vergleichbaren neuen gleichnamigen Flügels. Ist das dann Augenwischerei oder gar ein Plagiat, weil etwas anderes draufsteht als evtl. drinsteckt? Ich denke auch hier ist der Preis ausschlaggebend. Jedem Interessenten kann durchaus bewusst sein was vor ihm steht, wenn er auf das Preisschild achtet.
Wenn bei der Restaurierung viel altes Material erhalten bleibt, könnte nach obigem Gedankenmodell auch der Alterungsgeschichte eine prozentuale Gewichtung zustehen. Trotz der wesentlich konservativeren Restaurierungsansätze muss ganz klar sein, dass auch hier nicht drinsteckt, was draufsteht. Die Alterung und die Restaurierung verfremdet, aber noch wesentlicher ist der Unterschied, dass ein C.Bechstein von 1910 und ein C.Bechstein von 2010 nicht nur einer anderen Konstruktion folgen, sondern auch einer anderen Fertigung unterliegen und andere Materialien verwendet werden. Dokumentation und Detailwissen liefern die nötige Abhilfe.
Die Bergriffe Flügel General-Restaurierung, -Reparatur und -Überholung werden in der Praxis oft vermischt. Der Betrachter kann nur mittels Detail-Wissen feststellen ob eher ein modernisierender oder eher ein konservierender Weg eingeschlagen wurde. Da auf dem Weg der erneuernden Modernisierung viele irreversiblen Veränderungen durchgeführt werden, verlieren solche Flügel an kulturellem Wert. Dagegen sind Restaurierungen im Sinne des Erhalts als Kulturgut aufwendiger und teurer, damit für die Zukunft keine Wege verbaut werden.
"Als Restaurierung bezeichnet man bei Kulturgütern die Wiederherstellung eines alten Zustandes, welcher oft im Laufe der Zeit verloren gegangen ist." So lautet der Eingangssatz des dazugehörigen Wikipedia-Eintrags (Stand Jan. 2020). Ferner gliedert sich dieser Artikel in einen akademischen und einen handwerklichen Restaurierungsansatz. Ich befürworte sehr, sich einmal mit den diversen Hintergründen der Bedeutung von Restaurierung und ähnlichen Tätigkeiten wie Reparatur oder Renovierung auseinanderzusetzten. Denn häufig stellt sich heraus, dass der Blickwinkel einen erheblichen Einfluss auf das Ergebnis hat. Denn selbst wenn man als Laie nicht immer genau versteht, was sich hinter gewissen Details versteck, kann der ausführende Handwerker die Philosophie des Kunden nur dann berücksichtigen, wenn diese auch verbalisiert wird.
Wenn ich nun den akademischen/musealen Restaurierungsansatz auf den Durchschnittszustand ca. 120 Jahre alter Flügel übertrage, können wohlklingende Ergebnisse dabei herauskommen, diese sind aber in der Regel sehr instabil. Was im Ausnahmezustand für eine betreute Tonaufnahme möglich ist, wird einen Musiker zuhause nicht lange glücklich machen. Es sind einfach sehr viele Verschleißteile nach 100 Jahren an ihrem Limit.
Eine Übereinkunft innerhalt des handwerklichen Restaurierungsansatzes kann ich im Klavierbau generell nicht erkennen. Es ist zwar so, dass Klaviere und Flügel von der Konstruktion/Physik fast identisch mit denen von vor 100 Jahren sind, jedoch hat sich das Handwerk zum Umsetzen dieser Konstruktion fundamental verändert. Einige traditionelle Handwerkstechniken werden gar nicht mehr praktiziert, die anderen wurden stark den maschinellen Fertigungsbedingungen angepasst. Eine organisierte Auseinandersetzung oder Vermittlung des traditionellen Wissensstands vom Klavierbau um 1900 kann ich nicht erkennen. In Folge dessen werden die meisten sogenannten Renovierungen, Generalüberholungen oder eben Restaurierungen mit modernen Arbeitstechniken ausgeführt.
Wenn wir uns die alten Wissensräume selbst durch Experiment und Forschung (wieder-)eröffnen, ist dies dadurch leider nicht gleich Stand des Handwerks – auch wenn jeder Leser dazu eingeladen ist, die hier veröffentlichten Erkenntnisse zu vertiefen. Es kommt sogar vor, dass andere Handwerksvertreter diese historisch reflektierten Arbeiten als "falsch ausgeführt" bezeichnen. Ich halte es aber dennoch für überaus wichtig und kulturell wertvoll, wenn seltene oder verloren gegangene Handwerkstechniken reanimiert werden. In einigen anderen Handwerksbereichen ist dies ja auch richtig erfolgreich geglückt. Man denkt an die hochwertigen handgemachten Schuhe die heute wieder in Mode sind.
Wie kann ich jetzt fehlerfrei die Worte Restaurierung, Reparatur und Co. verwenden? Da jeder Flügel eine individuelle Geschichte erfahren hat, versuchen wir, diese aufzugreifen und die Arbeiten individuell auszurichten. Ich werde wohl in Zukunft öfter das Wort Reparatur verwenden, da es etwas allgemeiner ist als die Bezeichnung Restaurierung. Der Leser kann aus dem Zusammenhang am besten sehen, welchen individuellen Blickwinkel wir zum jeweiligen Instrument eingenommen haben. Grundsätzlich schätze ich die im Instrument gespeicherte historische Handwerkskunst und versuche, ihr immer mit Aufmerksamkeit und Achtung zu begegnen und genau das verbinde ich mit dem Begriff Restaurierung.