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Episode 10: Von der Taste zum Ton!

Über die Luft ins Ohr

Flügelresonanzboden Vermessung mit einem Laser Doppler VibrometerEs gibt solche kleinen Details, die erst einmal gar nicht weiter auffallen. Sind sie jedoch einmal im Bewusstsein werden diese Kleinigkeiten bedeutsam. Mir sind in diesem Zusammenhang einige solcher Details in den Sinn gekommen. Anhand 10 kleiner Episoden verfolgen wir den Impuls vom Finger durch den Flügel bis ins Ohr.

Eigentlich wollte ich im letzten Teil etwas zu der Schallabstrahlung schreiben, aber ich denke im Bereich Luftschall gibt es noch spannendere Aspekte.

Es sei daher zu der Schallabstrahlung nur soviel gesagt, dass hierbei die Geometrien von Gehäuse und Gussplatte über die Abstrahlung entscheiden. Da ja bekanntlich die Form des Flügels sehr einheitlich ist, möge doch der interessierte Leser einmal die verschiedenen Gussplatten-Formen erhören.

Um dem Impuls weiter zu folgen, liegen zwischen dem Körperschall im Flügel und dem Ohr nicht nur die Schallabstrahlung an die Luft, sondern auch die Schallausbreitung im Raum. Die Raumakustik ist in der Impulsreihe an sich das letzte Glied, doch so wie wir anfangs die Tastengeometrie sensorisch ertastet hatten, ist auch am Ende dieser Kette die Sensorik wieder entscheidend. Dieses Feld der Schallwahrnehmung wird als Psychoakustik bezeichnet. Aber zunächst zum Raum.

Ebenso wie sämtliche Teile im Flügel den Klangimpuls filtern, geschieht dies noch einmal durch den Raum. Das ist vielen einerseits ein Begriff, andererseits widerspricht es etwas dem Gefühl. Denn so wie die Luft zwischen Betrachter und Flügel die Sicht nicht stört, meint man gerade bei kleinen Räumen all zu leicht, dass der Klang ebenso unverfälscht übertragen wird. Von dem Gegenteil kann sich jeder leicht überzeugen. Geht man nahe genug an eine Schallquelle heran, z.B. 20 cm von den Saiten entfernt und formt man mit den Händen so eine Art Trichter Richtung Resonanzboden, so dominiert das Direktfeld und Reflexionen vom Raum werden kaum wahrgenommen. Das Klangbild erinnert etwas an Tonaufnahmen von Konzerten (Jazz, Pop) wo man, um die anderen Instrumente abzuschirmen, derart nah an den Resonanzboden heran geht. Entfernt man sich dann etwas von dem Flügel und bewegt sich durch den Raum, so wird man an verschiedenen Positionen auch ein anderes Klangbild bekommen. Eine noch stärkere Veränderung hört man natürlich wenn man den Flügel in verschiedenen Räumen hört. Unsere Werkstatt unten und unser Ausstellungsraum oben haben sehr unterschiedliche Raumakustiken und wir merken ständig wie unterschiedlich derselbe Flügel klingen kann. Hinzu kommen noch die Räumlichkeiten unserer Kunden, wo auf einmal der Flügel ohne die ganzen anderen Tasteninstrumente den Raum für sich hat.

Was bringt diese Erkenntnis?
Nun ich kann mir nicht vorstellen, dass eine klangliche Transferfunktion eines Raumes auf den anderen imaginabel ist, wobei ich nicht von meiner Beschränktheit auf andere schließen möchte. Vielmehr bringt es aber mindestens dem Bewusstsein doch wieder eine Bereicherung, wenn wir aus diesem Wissen zusätzliche Erfahrungen schöpfen können. Demjenigen, der auf der Klaviersuche verschiedene Flügel ausprobiert, sollte sich zusätzlich zu dem Instrumenten-Klang noch ein Bild von den Räumlichkeiten einprägen. Ist der Raum groß oder hoch? Liegt Teppich auf dem Boden oder vielleicht sogar Holz? Sind die Wände frei oder zugestellt? Hallt es beim Klatschen? Nach und nach bekommt man zumindest ein Gefühl für den Raumklang.

Zum Abschluss dieser Reihe möchte ich noch ein Schlagwort ansprechen, mit dem ich mich eigentlich auch tiefergehend beschäftigen müsste….
Der Bereich der Psychoakustik beschäftigt sich mit der menschlichen Wahrnehmung von Schall. Dabei ist vielleicht nicht jedem klar, dass die Wahrnehmung von Schallwellen erheblich von technischen Messergebnissen abweicht. Nehmen wir einmal als Beispiel die Dynamik. Den ein oder anderen treibt nachts im Bett liegend eine tickende Uhr in den Wahrsinn. Technisch betrachtet ist dieses Geräusch derart leise, dass man erheblichen Aufwand betreiben muss dieses überhaupt darstellen zu können.

Aus meinen Erfahrungen kann ich nur immer wieder darüber staunen wie wichtig die subjektive Wahrnehmung ist. Zwei Menschen, zwei Flügel, der eine schwört auf den einen der andere auf den anderen, keiner von beiden möchte tauschen und dazu möchten am liebsten beide von mir hören, dass der jeweilige Flügel auch objektiv der Bessere ist. Ich muss schmunzeln - ist das nicht herrlich?

Gussplatte 01

Gussplatte 02

Gussplate 03