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Episode 3: Von der Taste zum Ton!

Das Hebeglied

Hebeglied und HammerEs gibt solche kleinen Details, die erst einmal gar nicht weiter auffallen. Sind sie jedoch einmal im Bewusstsein werden diese Kleinigkeiten bedeutsam. Mir sind in diesem Zusammenhang einige solcher Details in den Sinn gekommen. Anhand 10 kleiner Episoden verfolgen wir den Impuls vom Finger durch den Flügel bis ins Ohr.

Wie fast alles am Spielwerk bleiben die Hebeglieder dem Musizierenden in den Untiefen des Mechanikschachts verborgen. Wenn wir über verschiedene Hebegliedtypen philosophieren wollen, fällt eines von vornherein schon einmal weg. Und zwar die Mechaniken aller neuen Flügel. Schade!

Heute hat man sich, ich vermute stark aus Kostengründen, dazu entschieden nur noch einen Hebegliedtyp zu verbauen. Ich sage nicht, dass dieses schlecht ist, aber Vielfalt schadet doch auch nicht oder? Zur genauen Darstellung der Entwicklung und der Vor- und Nachteile sämtlicher Mechaniktypen gibt es Literatur.

Vor dem Theoretisieren ist wohl nicht jedem klar was das Hebeglied genau macht. Nun grob hat die Mechanik die Aufgabe den Kontakt vom Finger zum Hammer kurz vor der Saite zu unterbrechen. Ansonsten würde man den Hammer fest gegen die Saite drücken und so die Saite am Schwingen hindern. Darüber hinaus ist es unglaublich komfortabel, dass die Taste nicht ganz bis nach oben kommen muss ehe man die Taste samt Hammer erneut anschlagen kann. Das ist keine Selbstverständlichkeit und Klaviermechaniken tun sich mit eben diesem Aspekt sehr schwer.

Alleine diese beiden Funktionen umzusetzen ist nicht leicht, dies jedoch in jeglicher Dynamik von Pianissimo bis Forte sowie bei schnellen Repetitionen zu realisieren, setzt dem Vorhaben physikalische Grenzen. Zwei weitere Eigenschaften sind das feine Nuancieren zwischen Pianissimo und Piano, sowie eine möglichst geringe Reibung.

Hier einmal kurz ein paar Worte zu dem was schief gehen kann:
Hammer schlägt unbeabsichtigt mehrfach an, auch als Trommeln bekannt
Hebeglied löst bei starken Anschlägen aus bevor der Hammer beschleunigt wird
Hammer wird fest gegen die Saite gedrückt
Pianissimo nicht ansteuerbar
Mechanik lässt keine schnelle Repetition zu

All die Eigenschaften ,sprich große Dynamik, dabei feine Nuancierung, geringe Reibung und schnelle Repetition, lassen sich nur mit Kompromissen umsetzen. Daher sind verschiedene Hebeglieder, die unterschiedliche Vorzüge haben, eine Bereicherung.

Die beiden gängigsten Hebegliedtypen um 1900 wurden nach dem System mit der Herz-Doppelfeder oder mit dem System der Erard-Feder gebaut. Letztere auch als „System Schwander“ bekannt ist u.a. bei Bechstein, Ibach und Mand zu finden. Heute sind alle mir bekannten Flügel-Mechaniken nach dem Feder-System von Henri Herz gebaut.
In der historischen Literatur gibt Dr. Walter Pfeiffer in seinem Werk über den Hammerkopf einen tiefen Einblick in die Entwicklung der Klavier- und Flügelmechanik. Einen ersten Überblick bekommt man aber auch aus der übrigen Klavierbauliteratur.

Zuletzt noch etwas sehr unsichtbares. Wir sehen eine alte Mechanik nur aus der heutigen Sicht. Wie gut diese früher war interessiert eigentlich nicht, da wir die Uhr nicht zurückdrehen können. Was heißt dass genau? Unter all den Unterschieden die eine alte Mechanik aufweisen kann, bewahrheitet sich heute diejenige, welche von Anfang an die geringste Reibung und engsten Fertigungstoleranzen hatte. Nur so können etliche der 100 Jahre alten Mechaniken so wenig Verschleiß aufweisen wie dies bei guten Stücken der Fall ist und es zeigt indirekt, dass die Fertigungsqualität der Hebeglieder damals ohne CNC deutlich besser sein musste, als dies heute üblich ist.